Von Liegenreservierern und Tischweinvernichtern

Lieber Leser, ich bin wieder zurück, aus Verreisung und Schreibpause. Und heute mit einem reinen Bootsfahrbericht, daher als Sicherheitshinweis, wer nicht seefest ist, bitte nicht im Weg stehen bleiben. Paar Bilder gibts auch, aber nur vom Essen.

Nach vielen Monden wagten sich die beste aller Gattinnen und der freundlichste aller Österreicher wieder mal auf einen Buffetbomber. Damals, einst, vor bald 10 Jahren, begann unsere Zurseefahrkarriere auf ebensolch einem. Aber gut, damals war man jung, hatte weder Geld noch Ahnung. Mittlerweile schätzen wir das Ambiente, Flair und Gebotene auf Royal Carribean, Celebrity und/oder Princess so sehr, dass wir keine Veranlassung sahen, eine der deutschesten aller deutschen Gesellschaften (auch wenn sie im Endeffekt dem Ami gehört) jemals wieder entern zu wollen. Aber gut, so begab es sich in jenen Tagen, dass die Fraa geburtstagte, AidaCruises ein hochinteressantes Schiff vorstellte, in Deutschland das Wetter übel zu werden beabsichtige und wir noch nie auf den Kanaren waren.

Und so buchten wir uns auf dem Flaggschiff der Reederei ein, der AIDAnova. Einem Schiff, mit dem AC neue Wege ging – riesig (in der Woche unserer Fahrt waren jenseits der 6100 Paxe an Bord), umweltverpestendverbessert (das Schiff fährt grossteils mit LNG, was einen massiv verringerten Abgasaustoss versprechen soll) und vor allem etliche Restaurants mit Bedienung (einer der Hauptgründe zur Buchung, da wir uns am Abend gerne von einem unterbezahlten und überarbeiteten Speisenträger das Essen anschleppen lassen).

Das Schiff: Gross. Aber so richtig. Und elegant. So der erste Eindruck. Der dann auch bleiben sollte. Am ganzen Schiff merkt man, dass man sich Mühe gab, modern zu werden. Nix knallbuntes, dezente Eleganz. Nicht überall, aber verbreitet.

Schade fand ich, dass man nicht den Mut hat, die Grösse zu zeigen. Das kann der Ami viel besser, der macht dann im Heck eine wunderbare Lounge (man denke an das 270 auf der Quantum-Klasse), macht zentral eine riesige Promenade, zeigt was er hat mittels tollem Atrium oder ähnlichem Weitläufigen. Der Deutsche ist hier Klemmer, da wirds dann kleinteilig, verwinkelt und unübersichtlich (ich hatte noch auf keinem Schiff solche Probleme mit der Orientierung. Dabei war ich meistens nüchtern).

Positiv ist anzuerkennen, dass man nie merkt, dass so viele Leute am Schiff sind. Die Paxe verlaufen sich perfekt, die Steuerung klappt richtig gut (ok, ausser am Einschiffungstag, aber da ists immer und überall voll). Und auch positiv war das schnelle Ein- und Ausschiffen, das hat alles perfekt geklappt. Auch an den Tagen, an denen wir an Land gingen, kams zu keinerlei Wartezeiten an den Ausgängen.

Die Kabine: Och, da hatten wir es super getroffen – weit oben, ruhig, keinen Raucher nebenan. Gebucht hatten wir „Vario“, das bedeutet, du suchst dir die Kategorie (Balkon, Guckloch, Sarg), AC bestimmt dann die Kabine. Und da kannst Pech haben – unten bei den Ruderern, direkt unter der Disco, links der Marlboro-Man, rechts ne italienische Grossfamilie. Oder Glück – so wie wir diesmal. Deck 16, weiter oben geht fast nicht. Mir herrlichem Blick auf Meer und Sportparcour, in dem sich Verzweifelte schon frühmorgens abmühten. Kabine war super, Bett etwas hart, Dusche deutlich grösser als von anderen Schiffen gewohnt. Dazu hatten wir nen begehbaren Kleiderschrank. Grossartig, gewänne die Fraa endlich mal im Lotto, dann hatten wir sowas in all unseren Villen. Aber die tippt ja immer die falschen Zahlen.

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Das Problem: Auffällig war, dass permanent geputzt, gesaugt und gewischt wurde. Schon beim Aufsteigen gabs ne Info, dass Magen-Darm grassiert, nach 2 Tagen gabs noch ne Info übers Bordportal (das sind eine Unmenge an Infos, die man über den Fernseher abrufen kann). Unschön. AC scheint hier massive Probleme zu haben, da man ständig über solche Schwierigkeiten hört. Woran liegts? An den vielen Buffets? An den Leuten, die von Hygiene gleich viel Ahnung haben wie davon, dass man Liegen, wenn man sie nimmer braucht, frei gibt? Oder gibts bei AC interne Probleme? Wir blieben verschont. Zum Glück, das wäre sonst wirklich Scheisse.

Die Ausfälle: Über all das, was im Bereich Sport und Kinder und Teens geboten wird, kann ich nichts sagen. Hier bitte bei anderen Quellen informieren. Obwohl, einmal wollte ich in den Hochseilgarten – zack, geschlossen. Ansonsten fiel auch auf, dass sehr viele Automaten und Gerätschaften „eine kleine Auszeit“ hatten. Und, ach herrje, fast vergessen – die Aufzüge. Die fahren, wann sie wollen, wohin sie wollen. Einer war die ganze Tour über ausser Dienst, bei den anderen ists egal, was angezeigt wird, das ist ohnehin nur ein unverbindlicher Richtungsvorschlag. Wer hat die programmiert? Accenture?

Tipp – einfach in den nächstbesten der kommt einsteigen, sonst könnte man lange rumstehen. Einige Male konnte ich nimmer warten und bin von Deck 5, 6, 7, da wo die meisten Restaurants liegen, hoch nach 16, zu unserer Kabine über die Trepp. Jessas. Gut, dass es kein Deck 13 gibt, so wars zu überleben. Schlechte Aufzugssteuerung erspart das Fitnessgerät.

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Das Spa: Da waren wir auch, da ists ruhiger, ohne Kinder, es gibt nur Platz für eine bestimmte Anzahl von Leuten. Einen ganzen Tag waren wir da drinnen (besser gesagt unten), zwingend vorab zu reservieren, damit man seinen Wunschtermin bekommt. Die Lage ist bescheiden, die Lounge ist ein eher weniger einladender Keller mit 4 Lichtschachten direkt überm Whirlpool, oben, auf der Terrasse bekommst keinen Platz, ausser du sitzt schon um 6 auf deiner Liege. Und wenn man in eine der vielen feinen Saunen möchte, bitte vorher rausfinden, wann und wo es einen Aufguss gibt. Und dann nicht dorthin, ausser man möchte mit Horst aus Bottrop dicht auf dicht hocken und intime Bekanntschaft schließen.

Bisserl Wellness haben wir uns auch gegönnt, die Fraa war teilzufrieden, ich war vollkommen unzufrieden (da ich nichts zu klagen hatte). Kann man machen, durchaus ok. Falls wer Angst hat – nein, es wird einem danach kein Produkt zum Kaufe aufgedrängt.

Schade, dass man diesen Bereich nicht in eines der oberen Decks gebaut hat, mit Blick aufs Meer, grosszügig angelegt, das wäre richtig allerfeinst. Gute Chance vertan.

Das Oberdeck: Grauenvoll. An Seetag 1 renne ich traditionell übers Schiff, schaue mir alles an, knipse, esse Kuchen, erfreue mich an Schiff, Sonne und Meer. Aber nicht hier – das Oberdeck ist von vorne bis hinten vollgestopft mit Touristen, alle Liegen und Stühle sind belegt oder reserviert, kein freies Plätzchen ist zu finden. Das habe ich noch auf keinem Schiff so schlimm erlebt, es erinnerte an Lignano in den 80-ern. Schimpfend, ja, ich kann auch schimpfen, bin ich schnell von dannen und habe mich ins leere Theatrium gesetzt. Wunderbar. Da wars ruhig und paar Hüpfdohlen haben geprobt.

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Das Essen: Das ist getrennt zu betrachten – einerseits die Kantine (vor allem das Bella Donna versprüht den Charme einer Werkskantine eines metallverabeitenden Betriebes aus Karben), andererseits die Restaurants (da gibts welche, in denen man nur die Getränke, dann gibts welche, in denen man alles bezahlen muss).

Es gibt 5 Buffetläden, da geht man hin, um schnell Nahrung aufzunehmen. Mehr nicht. Und das versucht man antizyklisch zu machen, sonst staut man sich in den schmalen Gängen (da kamen mir alle zu eng vor) und muss sich mit Omma Hildegard um einen freien Platz schubsen. In diesen Buffets gibts allerlei – manches gut, manches schlecht, manches schön anzusehen, manches sieht aus wie schon mal gegessen, manches heiss, manches kalt (und damit meine ich nicht das Eis, das man hochhygienisch selbst ausm Eimer graben darf). Man wird satt, und wessen Ziel das ist, der wird zufrieden sein. Zudem, es gibt Wein. Gratis. Bis zur Sperrstund‘.

Daneben gibts Restaurants. Läden, in denen man bedient wird. Zu den von uns besuchten gibts folgendes anzumerken – Burger (lecker, einiges an Auswahl, mit amtlicher Wartezeit), Italiener (akzeptabel, wenn man auf Minestrone mit wenig Einlage und trockenes Tiramisu steht, dafür war der Rinderhesse grossartig), Teppanyaki (grosser Spass, feines Essen, bisserl laut), Rossini (hier hatten wir ein ganz tolles Geburtstagsessen), Currywurstbude (bisserl knapp in der Menge aber gut gewürzt, immer voll mit Wartezeit), Steakhaus (das Filet war keines Filets würdig, daher wurde es nicht geknipst. Und wenn ich mal ein Essen nicht knipse, ist das fast wie „Holen se mal den Küchenchef, junge Frau!!!!!“), TimeMachine (nettes Eventessen von guter Qualität, aber auch hier Schwächen im Steak, mit belangloser Story , amüsanten Einlagen, in Summe muss man sich das anschauen, ohne zu hohe Erwartungen zu haben). Dazu gibt’s noch Döner, einen Franzosen, einen Törtchenladen, was für den Fischfreund, ne Sushi-Bude und das unvermeidliche Brauhaus mit lecker Sauerkrautgestank und Ballermannmucke – all das konnten wir mangels Zeit nicht aufsuchen. Herrschaften, man ist doch nicht zum Essen auf einem Kreuzfahrtschiff.

Was an etlichen dieser Restaurants stört – der Fussweg geht quer durch, sollte man einen Platz vorne im Schanigarten haben, schaut einem jeder auf den Teller. Unschön, das sollte geändert werden.

Dringender Rat – abends in die Restaurants. Mit einem Platz, der drinnen liegt. Ach, und weil ichs grade wieder wo gelesen habe – nein, man muss seine Reservierungen für Restaurants oder Spa nicht mehr bestätigen. Wir sind nimmer in den 1980-ern.

Das Publikum: Deutsch. Sehr deutsch. Das muss reichen als Information, wie es teilweise zuging. Mithin einer der Hauptgründe, dass wir unser Urlaubswohl auf Schiffen anderssprachiger Gesellschaften suchen.

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Die Unterhaltung: Einer der grossen Fehler von AC ist das festhalten an diesem Theatrium (aber es ist wohl eines der optischen Markenzeichen, also ists integraler Bestandteil eines jeden Aida-Schiffes). Zum ersten bekommst keinen Platz (ausser man setzt sich ne Stunde vorher hin, bevor Onkel Franz kommt und für die Sippe reserviert), zum zweiten ist immer Unruhe hinter einem wegen der Bars, die aussen rum liegen. Da lob ich mir die richtigen Theater bei anderen Gesellschaften, da kannst in Ruhe und mit Genuss geniessen.

Und viele Shows haben wir nicht gesehen, da die meistens nur 1mal aufgeführt werden und dann meistens in der Zeit, in der wir beim Essen sassen. Das Programm ist halt noch sehr auf den Frühesser im Buffet ausgelegt. 2mal konnten wir einen Platz ergattern, aus reinem Zufall. Ne Show mit Musik von Yello (opulente Kostümierung, im Grunde aber langweilig) und irgendwas mit Akrobaten (sorry, das habe ich schon wieder vergessen). In Summe – verbesserungswürdig.

Ansonsten gibts dann noch so Kram wie „Wer wird Millionär“ und das Singen mit den Drehstühlen. Das haben wir am Rande mitbekommen, wegen Essen und Sitzen an der Bar. Irgendwelche anderen dargebotenen Unterhaltungen haben wir nicht angenommen, dazu war die Reise zu hafenintensiv, man musste daher ja morgens fit sein. Ja, ich weiss – Spießer. Macht aber nix.

Ach, und Bingo gab’s auch. Gewonnen habe ich aber nix. Beschiss. Und im Casino waren wir auch nicht, das ist irgendwie so am Rande reingequetscht. Lieblos.

Das Personal: Passt. Fleissig, engagiert, aber viel zu wenig. Vor allem in den Restaurants. Auch der Zimmermann war zufriedenstellend, hat alles zur Zufriedenheit erledigt. An den Bars war immer einiges an Wartezeit, keine Ahnung woran das lag. Aber macht nichts, man hat ja Urlaub und Zeit.

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Der Aufreger: Da fand ich eines Tages auf unserem Bordkonto 3 Bier zur Bezahlung vor, die ich nicht getrunken habe. Das wüsste ich. Also, ab an die Rezeption (hier auch antizyklisch gehen, sonst steht man ne Stunde an) und freundlich, wie es meine Art ist, den Sachverhalt geschildert. Nach Zusage, es wird storniert, nächsten Tag wieder hin. Da die Buchung immer noch nicht stimmte. Gut, schon etwas aufgeregter, aber die Fraa war mit, also höflich bleiben. Sonst schämt sie sich. Wieder mal. Zusage, dass storniert wird.

Wurde nicht. Also nächsten Abend wieder hin. Mittlerweile war ich amüsiert, wie unfähig man seitens AC ist. Personal geduldig, auch verwundert, erneute Zusage, dass storniert wird. Nächster Tag, die Fehlbuchung immer noch da. Wieder an die Rezeption. Schnauze voll. Erkläre, dass ich die Bordrechnung solange über meine Kreditkarte rückbuchen lasse, bis es stimmt. Drohe mit meinen Anwälten und dass ich das meiner Mama sagen werde. Man ist zerknirscht und verspricht ein Storno. Zum dritten Mal.

Nächster Tag. Die Fehlbuchung ist storniert. Renne absichtlich Umwege, um an der Rezeption vorbei zu kommen und winke den Damen. Wittere Angstschweiss.

Da vieles nur noch elektronisch geht, dringende Empfehlung, ständig das Bordkonto im Auge behalten. Denn das stornieren kann dauern.

Fazit: Jo mei. Nicht so schlimm wie befürchtet. Immerhin. Der Weg, mehr über die Bedienung zu gehen, ist richtig. Weiters sollte man sich überlegen, was man mit diesem Theatrium macht. Und mehr Personal einstellen. Und das mit den Liegen geht gar nicht. Wenn ich keinen Platz an der Sonne haben will, dann fahr ich nach Malle.

Ergo, irgendwann werden wir bestimmt wieder mal mit Aida fahren. Aber es könnten durchaus wieder 9 Jahre vergehen. Derweil gehts wieder mit den Amis los.

Info zum Beitragsbild – da wollte ich einmal todesmutig und -verachtend klettern, aber man liess mich nicht. Das prangere ich hiermit an.

Bildergalerie 1 – Rossini // Bildergalerie 2 – Burger/Currywurst/Steakhausdessert. // Bildergalerie 3 – Time Machine // Bildergalerie 4 – Teppanyaki // Bildergalerie 5 – Italiener


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