Karl, mei Drobbe

Lieber Leser, ich gelte ja als die Ausgeglichenheit in Person. Nix regt mich auf, nix nervt mich, stören tut mich schon gar nix tuen. Mit epischer Langmut sanguiniere ich durchs Leben. Dabei gäbe es so vieles, über das man sich echauffieren könnte. Wenn man denn den Hang dazu hätte. Manchmal, aber nur manchmal, jo, da könnte ich aber als.

Jeder kennt die Situation. Im Supermarkt. Vor einem, der Unbekannte Rentner. Ein netter Kerl, wenn man ihn nicht im Supermarkt, an der Kasse, trifft. Oder sonst wo im Supermarkt, wenn er seinen Einkaufswagen mitten  im Weg stehen lässt. Mitten, nicht nur fast mitten. Das macht aber nix, da kann man je beschwingt vorbeifahren. Aber an der Kasse, da geht das nicht. Da ist man hinner ihm. Und dann wartet man, weil ja auch die Dame, ich nenn sie mal Frau Müller, Dienst hat, die zu jedem Artikel was zu erzählen hat („Jo mei, die Bratwurst, die kauf ich mir auch immer, wissen’s. Und mei Nachbarin, die Resi, die hat die auch immer. Und …“) und zu jedem Artikel was zu erinnern weiss („jo mei, der Kohlrabi. Wir hatte früher ja nix, weder an Kohl noch an Rabi“), bevor sie ihn über den Scanner zieht. Nachdem jetzt Frau Meier die 4 Artikelchen gescannt hat (an der Kasse nebenan sind schon 12 Leute abgefertigt, aber man steht ja eh immer an der Kasse, an der es länger dauert), kommt das, was jeder geahnt hat. Ich. Der Typ hinner mir. Und Frau Hofer. „Ich habs passend“. *KopfGegenWand*

Und wir wissen alle, wie das ausgeht – Oppa beginnt, sein Kleingeld rauszuzählen, 7,43 Euro braucht er. Bei 7,39 ist Schluss. Mehr werdens nimmer. Er schüttelt die Brieftasch‘, kramt in der Cordhos‘ (warum haben Rentner eigentlich so oft Cordhosen an?), leert die Einkaufstasch‘ aus. Nix. Spätestens jetzt wird auch Frau Berger bisserl unruhig. Aber nur ein bisserl, was sie mit einem „Jo mei, wissens, früher, …“ überlabert. Ich bin gedanklich schon längst weit weg. Im Urlaub. Oder in der Kneip. Nach gefühlten Monaten erkennt Oppa, dass es nicht reicht. Un, was passiert? Schein raus, Wechselgeld hin, Einkauf geschnappt, weg isser. Warum net gleich so? Ich glaube ja, die machen das absichtlich, nur um mich in den Wahnsinn zu treiben.

Aber der Oppa, das ist alles nix gegen Mütter. Mit kleinen Kindern. In der Bahn. Da sitz ich, gemütlich, und werde in den Schaff gekarrt. Gegenüber, 2 Mütter, 2 Hosenscheisser. Der eine brüllt, als würde er am offenen Feuer langsam kross gegrillt, der andere, als würde er den Spiess drehen, an dem der andere langsam kross gegrillt wird. Und alle 30 Sekunden wechseln sie die Positionen. Die Mütter, seelenruhig danebensitzend, als ob ihre beiden Schätzchen schlummern würden wie Babys. Soweit so gut, das muss man ertragen. Aber wehe, man erdreistet sich, hinzuschauen und 1 Braue zu heben. Nur eine, gar nicht zwei. Eine reicht. Man muss auch nix sagen. Nur schauen und Braue heben. Jessas.

Dann brichts los, das Donnerwetter. Was man denn für ein kinderhassender Kommunistennazi sei. Bestimmt auch Offenbacher. Warum man sich so dermassen drüber beschwert, wo die lieben Kleinen doch so lieb gespielt hätten. Ob man denn als Kind nicht auch ein bisschen, nur ein bisschen, lauter war? „Klar, aber ich habe dabei meinen Kumpel nicht gegrillt“. Zack. Aus. Das folgende kann ich nimmer wiedergeben, aus Rücksicht auf den minderjährigen Leser.

Beschämt, weil so ein schlechter Mensch, steige ich an der nächsten Station aus, melde mich krank und weine. Ist halt nicht leicht, wenn man so sensibel ist.

Tja. Mütter. Mit Kindern. Schlimm. Und dabei habe ich noch gar nicht die erwähnt, die morgens im Verkehr alles verstopfen, weil sie mit ihren zu gross geratenen und nicht beherrschten SUV’s (finanziert vom Ex-Mann, der sie wegen einer verlassen hat, die ihm totes Tier brät und nicht mit Gemüsebratlingen vergiften will) die Bälger zum Kindergarten karren. Aber auch verständlich, man kann doch nicht von gnä‘ Frau erwarten, 5 Minuten zu Fuss zu laufen. Geht gar nicht. Nicht mit den Schuhen. Ausserdem muss man dann ja gleich zum Bio-Laden.

Wie gesagt, man könnte sich drüber aufregen, wenn man denn sich drüber aufregen kann. Leider kann ich das nicht. Was ich zutiefst bedauere.

Ich verstehe auch die nicht, die sich beim Autofahren über die annern aufregen, hupen und mittlere Extremitäten zeigen. Aber, ich könnts ja mal versuchen, ich setz mich gleich ins Auto, fahre in den Kreisel und warte auf den ersten Feind. HupHup.

Info zum Beitragsbild – Mein Freund, der Abbelbaum, ist tot, er fiel im früüüühen Morgenrot.


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